Herrnhut
1722. Der Graf Nikolaus von Zinzendorf erlaubte es Glaubensflüchtlingen aus Gebieten, die heute in Tschechien, Polen und Deutschland liegen, sich auf seinem Grundstück anzusiedeln. Als Gründungsvers wurde Psalm 84,4 ausgewählt:
Der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen – deine Altäre, HERR Zebaoth, mein König und mein Gott.
Sie waren glücklich, endlich Gott so lieben zu dürfen, wie es ihrem Glauben entspricht, ohne sich vor Kirche und Regierung verstecken zu müssen.
Der Name Herrn-hut erinnert einerseits daran, dass Gott über diese Ansiedlung wachen wird („unter der Obhut des Herrn sein“). Gleichzeitig drückt es auch die Berufung der Bewohner aus, Wächter im Gebet zu sein („auf der Hut sein für den Herrn“).
Was als liebevolles Miteinander begann, wurde zunehmend chaotisch. Durch die verschiedenen Glaubensüberzeugungen fingen die Bewohner an, sich immer mehr in kleine Grüppchen zurückzuziehen oder miteinander zu streiten. Zinzendorf hörte davon und kam nach Herrnhut.
1727. In dieser Zeit, die später Sommer der Erweckung genannt wurde, fanden viele Gebetsversammlungen und seelsorgerliche Gespräche statt. Auch die Kinder waren ein Teil dieser Erweckung.
Als die Bewohner am 13. August gemeinsam das Abendmahl nahmen, schaffte der Heilige Geist, was alle Gespräche und Lösungsversuche letztlich nicht schafften: er brachte Versöhnung, Einheit und eine gemeinsame Ausrichtung. Dies wurde die „wundervolle Ausgießung des Heiligen Geistes“ genannt. Daraus entstand die Herrnhuter Brüdergemeine (auf Englisch: Moravian Church).
Diese Gemeine ist nicht zu verwechseln mit den Brüdergemeinden oder anderen freikirchlichen Bewegungen mit ähnlichem Namen. Wir, das Christliche Zentrum Herrnhut (auch Jesus-Haus Herrnhut genannt), sind eine freie evangelische charismatische Gemeinde, die erst 1992 gegründet wurde.
1727. Nur 14 Tage nach diesem besonderen Abendmahl fingen sie an, sich Tag und Nacht im Gebet abzuwechseln – 24 Stunden pro Tag, 7 Tage in der Woche. Sie beschlossen, ein freiwilliges Opfer der Fürbitte anzuzünden, auch damit es dem Widersacher nicht gelänge, Herrnhut auszulöschen. Dabei wählten sie für das Stundengebet Jesaja 62,6-7:
O Jerusalem, ich habe Wächter über deine Mauern bestellt, die den ganzen Tag und die ganze Nacht nicht mehr schweigen sollen. Die ihr den HERRN erinnern sollt, ohne euch Ruhe zu gönnen, lasst ihm keine Ruhe, bis er Jerusalem wieder aufrichte und es setze zum Lobpreis auf Erden!
Diese Gebetskette hielt mindestens 100 Jahre an.
Ab August 1732. Herrnhut sandte Missionare in die Karibik, nach Grönland, Amerika, und viele andere Gebiete aus. In einer Zeit, als der Großteil der Kirche Mission vor allem als Innenmission verstanden hat, sandten die Herrnhuter bewusst einfache Mitglieder der Gemeinde zu Völkergruppen und Kolonien, die noch nie das Evangelium gehört haben. Sie waren bereit, dafür das ganze Leben hinzugeben. In jener Zeit entstand das berühmte Motto: „Möge das Lamm den Lohn für sein Leiden erhalten.“
2021. Die Brüdergemeine hat heute 1,2 Millionen Mitglieder weltweit, davon 21000 in Europa (Quelle) . Die Stadt Herrnhut hat, inklusive der umliegenden eingemeindeten Dörfer, etwa 6000 Einwohner. Dort gibt es heute verschiedene Gemeinden und Denominationen. Herrnhut bekannt vor allem für die Herrnhuter Sterne, Weihnachtssterne aus Papier oder Plastik, und Die Losungen, die jedes Jahr seit 1731 veröffentlich werden.
Es ist uns ein Privileg, an einem Ort zu leben und zu dienen, der ein solch reiches geistliches Erbe besitzt.